Der Verteidiger, der durch die Fehlentscheidung benachteiligt wurde, stellt sich langsam etwa 9 Meter vom bereits liegenden Ball entfernt auf
Im Schiedsrichterwesen ist das Wichtigste die Art und Weise, wie die Entscheidungen verkauft werden, nicht die Entscheidungen selbst. Dabei ist es von enormer Bedeutung, wie der SR mit den Assistenten kommuniziert und wie die Anzeigen abgestimmt werden.
Die Zusammenarbeit muss dabei sehr gut klappen und es sollen vom SR sowie seinem Assistenten möglichst dieselben Entscheidungen angezeigt werden, da gegenteilige Entscheidungen auf Unsicherheit hinweisen könnten.
Im Folgenden erläutere ich zwei konkrete Fälle, wo die Wesentlichkeit der Abstimmung in den Vordergrund rückt.
Pressball: jeweils ein Spieler beider Mannschafter rennt auf den Ball zu und erreicht diesen zur gleichen Zeit. Beide Spieler "ziehen voll durch", der Ball fliegt ins Out und natürlich behaupten beide, dass der Gegenspieler den Ball zuletzt berührte.
Der Schiedsrichter hat selbstverständlich keine Ahnung, wer zuletzt den Ball erwischte, er entscheidet sich einfach für eine Richtung und der Assistent zeigt ihm nach oder umgekehrt zeigt der Assistent schnell eine Richtung an und der SR übernimmt dieselbe Entscheidung.
Der Assistent zeigt versehentlich ein Foul für die angreifende Mannschaft an. Das Ereignis, das den Assistenten zu dieser Entscheidung verleitet, findet ca. 35 Meter vom gegnerischen Tor entfernt statt. Der SR pfeift entsprechend der Anzeige seines Assistenten den Kontakt ab, wobei ihm bewusst ist, dass der Assistent einen Fehler beging. Der Grund, warum der SR den Freistoß gibt ist, dass er keine Unsicherheit durch ein "Umdrehen" seines Assistenten ausstrahlen wollte. Der Verteidiger, der durch die Fehlentscheidung benachteiligt wurde, stellt sich langsam etwa 9 Meter vom bereits liegenden Ball entfernt auf. In dieser Situation könnte sich das folgende Gespräch entwickeln (inspiriert durch eine wahre Geschichte):
Der Verteidiger sagt etwas empört zum SR:
"Herr Schiedsrichter, das war doch nichts, wenn wir jetzt nach dem Freistoß ein Gegentor kassieren... "
"Werdet ihr nicht" - unterbrach ihn der SR.
"Wie bitte? " - fragte ihn der Verteidiger.
"Spiel einfach weiter, du wirst es schon sehen" - antwortete der SR.
Der Verteidiger nahm die Reaktion des SR etwas verwundert zur Kenntnis und bereitete sich auf das Ausführen des Freistoßes vor.
Der Freistoß wird ausgeführt - der Schütze bringt die Flanke in den Strafraum hinein.
Der SR pfeift die Situation sofort ab und zeigt mit einem Arm einen "Schubser" an - Freistoß für die Verteidiger.
Was ist hier passiert?
In dieser Situation befinden sich Angreifer und Verteidiger im Strafraum in einem Bedrängnis, jeder Verteidiger deckt dabei einen Angreifer. Dadurch, dass sich jeder Verteidiger jeweils nur auf einen Gegenspieler konzentriert, und die Angreifer auf eine ähnliche Weise beschäftigt sind, können die Spieler das Umfeld kaum wahrnehmen. Wenn der Schiedsrichter ein Foul gegen die angreifende Mannschaft pfeift, weiß jeder Angreifer, dass er es nicht gewesen sein konnte, dessen Aktion abgepfiffen wurde, die Angreifer wissen jedoch nicht genau, was in ihrem Umfeld bei den Mitspielern passiert ist.